Gustofestival Tag vier: Grillieren nach Zen

Gustofestival Tag vier – Grillieren nach Zen

Ich bin ein bisschen spät dran mit meiner Berichterstattung zum Tag vier des Gustofestival. Glücklicherweise ist die Erinnerung noch sehr präsent: Ein musikalisch-literarischer Einstieg mit dem Duo Hohe Stirnen im Stadttheater, anschliessend eine Grillparty oder wie es die Argentinier nennen – ein «Asado» im Palais Besenval. Festivalorganisator Boris Walker hat die kulinarische Dramaturgie und Leitung dem Kochkünstler Urban Spiess übertragen, der die alte Schmitte in Selzach führt, ein ebenso charmantes wie kreatives Küchenatelier.

Ihr habt die ersten Teile vom Gustofestival verpasst? Hier kommt ihr direkt zum Beitrag Teil 1 und hier zum Teil 2 und zu zum Tag Numero drei.

Gustofestival Tag vier – Grillieren nach Zen

Wer noch nie an einem Asado war, muss sich das wie Grillieren nach Zen vorstellen. Grilliert wird nicht über der offenen Flamme, sondern im «Offside», in der Strahlungshitze. Das braucht viel Zeit. Und Geduld. Das Fleisch in grossen Stücken gart über Stunden, wird zart und geschmackvoll. «Schnell ein paar Steaks auf den Grill werfen», das käme dem Argentinier nie in den Sinn. Das Asado ist ein Ritual nach den Regeln der eigenen Erfahrung. Die Distanz zum Feuer, den perfekten Winkel, die richtige Glut… die Kunst des Asados will gelernt sein.

Grosse Küche braucht Drama und ein Asado ist Drama pur. Punkt neun Uhr morgens wird ein ganzes Lamm an einem schlichten Kreuz aus Metall am Rande der Glut positioniert. Flach wie eine Pekingente und ohne Kopf, rund 18 kg schwer. Während den nächsten vier Stunden schiebt Urban Schiess das Lamm immer mal wieder ein bisschen näher ans Feuer, dann entfernt er es wieder um ein paar Zentimeter und man merkt sofort, dass hier ein Profi am Werk ist. Ebenfalls vor Ort ist der Solothurner Grillmaster Daniel Wagmann vom Grilllade in Biberist, der im «Big Green Egg» die Fischgerichte zubereiten wird. Etwas später treffen die argentinischen Spitzenköche Diego Gera, Dario Gualtieri und Martin Molteni ein. Sehr kritisch begutachten sie das «Schweizer» Asado und nach intensiver Prüfung der Glut, dem Winkel des Grillguts zur Flamme, dem Rauch und der Optik wird es wollwollend abgenickt. Das kulinarische Erbe Argentiniens in Schweizer Händen funktioniert.

Rund vier Stunden später kommt das Lamm vom Kreuz. Was an diesem Sonntag in Sachen Genuss geboten wird, ist schlichtweg grossartig: Nicht nur das Lamm – von den klassischen Empanadas und Chipas, über Jakobsmuscheln, geräuchertem Lachs vom «Big Green Egg», Gemüse, Chorizos und Morcillas (argentinische Blutwürste), Tira Asado, ein besonderer Cut von der Rippe, Entrecôtes und vielem mehr.

Ich habe bisher noch nicht über die Weine am Gustofestival berichtet. Argentinien steht wie kein zweites Land für den Malbec. Mein Malbec-Favorit am Gustofestival? Ganz klar der «Saurus barrel fermented Malbec», ein charismatischer Wein mit einem wunderbar langen Abgang der Bodega Familia Schroeder vom Ende der Welt in Pantagonien.

Mit dem «Finca la colonia» wurde am Asado ein Torrontés ausgeschenkt, ein reinsortiger trockener Weisswein mit fruchtigem Bouquet, der heute nur noch in Argentinien produziert wird und wunderbar mit den Fischgerichten harmonierte. Nur schon die grünlich schimmernde Farbe war zum Sattsehen.

Als weitere Besonderheit wurde am Tag drei die argentinische Spezialität «Bonarda» kredenzt. Die Traube stammt ursprünglich aus Italien oder Frankreich, es gibt diesbezüglich keine Gewissheit. In der alten Welt kommt sie kaum mehr vor, sie zeigt sich aber neben dem Malbec als meistangebaute Traubensorte Argentiniens von ihrer besten Seite. Der Bonarda ist kräftig, elegant, aber deutlich bescheidener wie ein Malbec. Ein Wein, der als Essensbegleiter sehr gut funktioniert. Fast noch besser als ein Malbec, der sofort sämtliche Geschmacksnerven für sich einnimmt. Begeistert bin ich von den argentinischen Espumantes, die genau so sind, wie ich Schaumweine mag. Spritzig, aber gleichwohl «crémant». Trocken, aber nicht knochentrocken. Sie sind nicht allzu fruchtig, aber keinesfalls belanglos. Der «Perdriel extra brut»  schmeckt mit seinen ausgewogenen Zitrusnoten hervorragend. Ebenfalls ein Espumente, den ich mir merken werde: der «Deseado»Espumante Rose von Schroeder, ein Schaumwein aus 100% Pinot Noir‐Trauben – also ein klassischer Blanc de Noir (Extra Brut) oder Federweisser – der durch eine wunderbare Farbe, eine ausgewogene Stilistik und eine sehr feine, intensive Perlage besticht. Casa del Vino Argentino, der Exklusiv-Lieferant des Gustofestival hat eine schöne Auswahl getroffen.

Mit dem Dessertbuffet erhält das Gustofestival einen krönenden Abschluss. Die Schirmherrin des Gustofestivals, Dolli Irigoyen hat nochmals ihr Dulce de Leche zubereitet. Dulce de Leche ist das argentinische Pendant zu Nutella auf Caramelbasis, das zu allem passt. Die Fernsehköchin Dolli Irigoyen und wohl die prominenteste Vertreterin der argentinischen Küche präsentiert sich am Gustofestival als leidenschaftliche Köchin. Obwohl sie keinen eigenen Anlass hat, steht sie immer im Einsatz. Sie sucht, wie ich das schon bei vielen grossen Köchen erlebt habe, nicht das Rampenlicht, sondern unterstützt ihre Kollegen.

Die Stimmung im Palais Besenval ist ausgelassen. Das Wetter, die einmalige Lage an der Aare, die Möglichkeit zwischendurch draussen zu flanieren, all das macht den Charme des Abschlussevents aus.

Dies Gäste brechen erst gegen fünf Uhr wieder auf. Gibt es einen schöneres Kompliment? Wohl kaum! Wir dürfen gespannt sein auf die Ausgabe 2016 des Gustofestival.

 

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